Standortnavigation
Sie sind hier: lohmar.info > Berichte > Berichte 2023 > "Hoffnung aus Papier"
von Peter Lorber
Aus ihrem neuen Roman "Hoffnung aus Papier" las die Autorin Anja Zimmer im Evangelischen Altenheim Lohmar. Der breiten Öffentlichkeit bekannt wurde die Honrather Autorin mit historischen Romanen über Elisabeth zu Sachsen, Anna von Hessen und der deutschen Revolutionärin Louise Otto. Alle drei zählen zu den wichtigen Frauen, die frühzeitig um ihre Rechte kämpften und bei der Obrigkeit deshalb nicht gerade beliebt waren.
Jetzt nahm sich die studierte Theologin der Geschichte ihrer Großeltern an, die am Ende des Zweiten Weltkrieges spielt. Acht lange Jahre konnten die Frischverheirateten wegen der Kampfeinsätze ihres Opas und seiner anschließenden Kriegsgefangenschaft ihre Liebe nur über Briefe teilen.
Anja Zimmer vermischt Tatsachen mit frei Erfundenem geschickt. Ihr Großvater heißt im Buch Reinhard Volp, dessen Freund Paul, von dem er durch Dick und Dünn begleitet wird, ist eine fiktive Person. Die Gefangenschaft erleben beide in Frankreich, wo sie bei Bauern dienen. Real war - natürlich nur für den Großvater - eine der anrührendsten Szenen des Romans. Nämlich als Volp bei einem Marsch nur einen Steinwurf weit an seinem Geburtsort, dem oberhessischen Lauter - im Roman Klarenbach - vorbeizieht, ohne Frau und Tochter Ingelein besuchen zu können.
Das 350-seitige Buch ist ein wundervoller Liebesroman mit düsterem geschichtlichem Hintergrund, und es ist ein Antikriegsbuch. Wie eine Heimbewohnerin bei der Lesung anmerkte, sei das Buch "aktueller denn je". "Als ich das Buch schrieb, gab es noch keinen Ukrainekrieg", sagt Anja Zimmer, "dass es so aktuell werden könnte, hätte ich nie gedacht". Wie heute in Europa gibt es auch in "Hoffnung aus Papier" Flüchtlinge. Darunter die schwangere Maria als weitere fiktive Protagonistin. Sie sorgt für den dramaturgischen Schliff, der das Lesen spannend macht und den Roman ebenso ins Happyend münden lässt wie die reale Geschichte.
Basis des Buchs waren die Briefe, die sich die Großeltern damals geschrieben haben. Auch er konnte fast alle Briefe retten, die ihm seine Frau geschrieben hat. "Die Briefe haben ihn sicher gerettet", so die Autorin. Als "etwas Besonderes und Berührendes" empfinde die 55-jährige, dass sie die Briefe ihrer Oma heute in dem Bett lesen darf, wo sie geschrieben wurden, und das deren Ehemann, ein Schreinermeister, gebaut hat. Es steht im Honrather Haus der Autorin und ihres Ehemannes Frank Glabian im Schlafzimmer.
Die Erzählweise Zimmers ist liebevoll, bisweilen lyrisch und verständlich. Sie schreibt in elegantem Deutsch und malt mit Worten intensive Bilder. Wenn sie etwa das Entsetzliche des Krieges mit "Die Armee fraß die Männer" oder ihr Dorf beschreibt : "Klarenbach lag wie eine alte Katze in der Frühlingssonne, zusammengerollt in seinem Talkessel, friedlich dösend".
Doch darf beim Lesen auch geschmunzelt werden. Etwa als die giftgallige Wirtin Agathe mit Kriegsende die Hakenkreuz-Plätzchenausstecher verschwinden ließ, dann doch noch mal versehentlich dem Führer salutierte. Die standrechtliche Erschießung durch die Amerikaner wird nur verhindert, weil sie ihnen weiterhin Riwwelkuche (Streuselkuchen) backen soll.
Das sorgte im Altenheim ebenso für Erheiterung wie die Passagen in Hessisch-Platt, wo weitere Begriffe wie Zwerchgebond (sehr unleidlicher Mensch) und Speitzkuchen (Spuckkuchen - Kuchen mit nicht entkernten Kirschen) für fragende Gesichter sorgten, die durch Zimmers Übersetzung aber erhellt wurden.
Mit feiner Intonation und ansteckender Spielfreude ergänzten Frank Glabian und Erika Drogi-Haas die Lesung mit Liedern aus der damaligen Zeit.
So stimmten die Gäste ein beim eröffnenden "Lili Marleen" und beim rassigen "Bei mir bist du schön" ein, freuten sich über das herrliche, polyphone "Pur ti miro" ebenso wie über das Marlene Dietrich-Evergreen "Ich weiß nicht, zu wem ich gehöre" mit schönem Wechselgesang des Duos. Und beim "Bey mir biste scheyn" wollte sich niemand des Mitsingens entziehen.
Nach der Lesung suchten viele Gäste das Gespräch mit der Autorin und ließen sich von ihr die erworbenen Bücher signieren.
"Hoffnung aus Papier"
Ein Nachkriegsroman über Liebe, Freundschaft und Hoffnung
ISBN 978-3-937013-65-7
14 Euro
Format DIN A5, 343 Seiten