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Adolf Klemens Neumann mit dem Erinnerungsstück vor der Hofanlage der Katharinenbach in Wahlscheid. Wie auf nahezu allen Bauernhöfen, so waren auch hier in den Kriegsjahren 1941 bis 1945 Zwangsarbeiter im Einsatz. 1943 verewigte sich Leutnant Iwan Matej in einem Balken des alten Schuppens. Er starb Mitte Februar 1945 beim Bombenangriff der Alliierten auf den Wahlscheider Bahnhof. Der wiederentdeckte Balken legt die Identität eines der bisher Namenlosen offen - (Foto : Ulrike Clever, 'VVW')

Balken der Katharinenbacher Scheune gibt Namenlosem eine Identität

Eine Information des 'Verkehrs- und Verschönerungsverein Wahlscheid / Aggertal' (VVW) :  Als der Verkehrs- und Verschönerungsverein Wahlscheid / Aggertal kürzlich die Bevölkerung aufrief, historische Nachweise mit Bezug zur Altgemeinde Wahlscheid vor dem Vergessen zu bewahren, meldete sich Adolf Klemens Neumann aus Neuhonrath mit einem ganz besonderen Relikt : ein kurzer alter Eichenbalken mit eingeritzten kyrillischen Schriftzeichen. Der Balken stammt aus der alten Scheune des evangelischen Kirchenguts Katharinenbach in Wahlscheid. Das Wirtschaftsgebäude überdauerte den Krieg und wurde Anfang der 1970er Jahre abgerissen. Auf ungewöhnlichen Wegen überdauerte einer der Balken mit einer besonderen Geschichte.

Adolf K. Neumann war als Kind mit seiner Familie aus Rokinitz im Adlergebirge im Sudentenland geflüchtet und nach gut einem Jahr des Umherirrens in Wahlscheid gestrandet. Die katholischen Neumanns fanden für rund neun Jahre ein neues Zuhause auf dem evangelischen Kirchengut Katharinenbach. Zusammen mit der Pächterfamilie Zimmermann, als "Baacher" bekannt, lebten sie in bescheidenen Verhältnissen auf dem Hof und packten in der Landwirtschaft mit an. Hier erlebten sie das Kriegsende und den Wiederaufbau.

Schon in seinen Kindertagen auf der Katharinenbach fiel Adolf K. Neumann beim Spielen in der Scheune ein besonderer Balken auf, in den etwas eingeritzt war. Als Kind konnte er mit den eingeritzten Zeichen nichts anfangen. Neumann erinnert sich auch, dass damals erzählt wurde, dass die Zwangsarbeiter des Hofes durch einen Bombenangriff ums Leben gekommen seien, den alliierte Tiefflieger am Nachmittag des 16. Februar 1945 auf den Wahlscheider Bahnhof flogen. Die Bomben trafen einen dort abgestellten Munitionszug. Die gewaltige Explosion löste eine enorme Feuerwalze und Druckwelle aus, die sämtliche massiv gebauten Häuser im Umkreis vernichteten oder zumindest stark beschädigten.

Die Baracke, in der die Kriegsgefangenen nach ihren Einsätzen auf den Höfen und Betrieben der Umgebung zurückkehrten, bestand aus Holzlatten und stand gleich neben dem Bahnhof. Von ihr und ihren Bewohnern blieb in Sekundenschnelle nichts mehr übrig. Noch Jahre später zeugten eindrucksvolle Belege von diesem dramatischen Ereignis. Noch lange Zeit lag ein Eisenteil des explodierten Munitionszugs im Straßengraben kurz vor der Katharinenbach. Die Teile der Waggons hatte es damals mit so immenser Wucht durch die Luft gewirbelt, dass ein Teil vom Bahnhof kilometerweit bis hinauf auf den Berg geschleudert wurde. Mit der Zeit geriet aber auch dieses Kriegsdama von Wahlscheid langsam in Vergessenheit.

Als sich Adolf K. Neumann Anfang der 1970er Jahre einen offenen Kamin bauen wollte, hörte er, dass zur gleichen Zeit die alte Scheune der Katharinenbach abgerissen worden war. Er fragte den Pächter der Katharinenbach, ob er einen der Balken für sein Bauvorhaben bekommen könne. Er durfte und so kam es, dass er unter dem Berg an Eichenbalken nach einem schönen Exemplar Ausschau hielt. Und dabei stieß er nicht nur auf einen schönen langen Balken, sondern entdeckte auch den beschrifteten kurzen Balken wieder. Er nahm ihn mit. Schön aufgearbeitet, bewahrte er das Lebenszeichen mit dem Namen seit fast 50 Jahren sorgsam als Dekorationsstück in seinem Kaminzimmer auf.

Nun, nachdem Neumann sein Kaminzimmer nicht mehr nutzt, entschloss er sich dazu, das besondere Fundstück dem Heimatmuseum der Familie Oberdörster in Wahlscheid-Schönenberg dauerhaft zur Ausstellung zu übergeben. Kurt Oberdörster ist seit den 1980er Jahren Mitglied im 'VVW' und gehört dort zur Gruppe der Heimatforscher und Historiker. Adolf K. Neumann vermachte dem 'VVW' die ungewöhnliche Geschichte des historischen Fundstücks, die wir hier gerne mit Ihnen teilen.

Adolf Klemens Neumann (links) und Kurt Oberdörster sind seit Kindertagen miteinander befreundet, nun hat Neumann seinen Balken an Oberdörsters Heimatmuseum in Wahlscheid-Schönenberg übergeben - das Fundstück ergänzt die Geschichte Wahlscheids um ein wichtiges Detail - (Foto : Ulrike Clever, 'VVW')

Auf Betreiben von Brigitte Bäcker-Gerdes, Ratsmitglieds und heutige Vizebürgermeisterin von Lohmar, wurde im Jahre 2010 für die Zwangsarbeiter von Wahlscheid, die beim Angriff am 16. Februar 1945 ihr Leben verloren, eine Erinnerungstafel auf dem Honrather Friedhof errichtet. Auch auf der Museumsmeile des 'VVW' in Wahlscheid-Ort erinnert seit 2015 ein Gedenkstein an dieses dramatische Ereignis und die namenlosen niederländischen, polnischen und ukrainischen Verstorbenen.

Während die Namen der drei Niederländer zwischenzeitlich ausfindig gemacht werden konnten und nachträglich auf der Gedenktafel in Honrath abgedruckt wurden, konnten die anderen Zwangsarbeiter bis heute nicht identifiziert werden. Durch den Fund des Scheunenbalkens von der Katharinenbach bleibt zumindest der Ukrainer "Leutnant Iwan Matej" nicht weiter ein Namenloser.

Wenn auch Sie erinnerungswürdige Geschichten und Fundstücke zur Historie der Altgemeinde Wahlscheid beisteuern können, nehmen Sie gerne mit dem 'VVW' Kontakt auf unter  Öffnet ein Fenster zum Versenden einer E-Mailhistoriker-wahlscheid(at)gmx.de  oder Telefon 0176 / 74546206.

 

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18. Juli 2023


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