Standortnavigation
Sie sind hier: lohmar.info > Berichte > Berichte 2022 > Gedenken an Johannes Höver
Eine Information der 'Turmbläser Neuhonrath' : Auf einer Lichtung oberhalb der katholischen Kirche Sankt Mariä Himmelfahrt zu Neuhonrath findet alljährlich in der Mittagszeit des 24. Dezembers ein Blaskonzert mit Gedenkandacht statt : Instrumentalisten, Großteils Mitglieder aus dem Neuhonrather Blasorchester, kommen schon seit 1997 (seit 25 Jahren !) jedes Jahr in leicht wechselnder Besetzung an der gleichen Stelle zusammen, um gemeinsam einige Weihnachtsklassiker zu spielen. Die Schallwellen verbreiten sich dann von der Anhöhe über das Tal und künden die Weihnachtszeit an.
In diesem Jahr gaben sich 14 Musiker die Ehre und bliesen mit Tuba, Saxofon, Trompete und Klarinette die Weihnacht an. Dies alles geschieht zur Ehre und in Erinnerung an Johann Philipp Martin Höver, den Ordensgründer der "Brüder der Armen" in Aachen. Er lebte und wirkte als "Bruder Johannes" ganz in der Tradition der Franziskaner nach dem Motto "sich in Werken der Barmherzigkeit üben". Noch heute setzt das Sozialwerk "franzfreunde helfen seit 1857" sein Lebenswerk fort ( www.franzfreunde.de ).
Und auch in diesem Jahr stiegen wieder zahlreiche Zuhörer auf die Anhöhe auf dem Kalvarienberg, um dem Freiluft-Konzert beizuwohnen. Und das ohne eine einzige Werbemaßnahme und nach zwei Jahren Corona-Pause. Die Macher waren mehr als überwältigt.
Weihnachtliche Andachtsansprache im Gedenken an Johannes Höver
Wie in den Vorjahren, so machte sich auch ein Vertreter der katholischen Kirche auf den Weg zu den erwartungsvollen Zuhörern. In diesem Jahr war erstmals Markus Feggeler, leitender Pfarrer im Seelsorgebereich Lohmar, an den Ort des Geschehens gekommen. Mit Erstaunen leitete er seine Ansprache ein, hätte er doch niemals mitten im Wald mit einer derart großen Zuhörerschaft gerechnet. Dann lauschten alle seiner anrührenden Weihnachtsgeschichte um einen Sohn, der sich von seinem Vater eine Stunde Zeit erkaufen will, damit dieser endlich einmal ungestört mit ihm spiele.
Friedenslicht aus Bethlehem
Ein weiteres Highlight des Events ist der Besuch der Pfadfinder, die jedes Jahr das Friedenslicht aus Bethlehem auf den Baacher Berg bringen. Dort brennt es im Windlicht des alten Wegekreuzes, welches aus dem Jahr 1745 stammt, und erfreut die Passanten am Wegesrand dieser beliebten Wanderroute und Pilgerstrecke.
Mitten in der Natur, umringt von Waldungen, die Kirche im Blick, gewärmt von der Glut in den Feuerkörben, kommen die Erwachsenen langsam zur Ruhe und besinnen sich auf die Weihnachtszeit. In den Vorjahren kam stets auch der Nikolaus zur Gemeinschaft der Turmbläser und verteilte Weckmänner an die zahlreichen Kinder. Nach zwei Corona-Jahren, in denen sich die Veranstaltung auf das Blasen einiger Lieder beschränkt hatte, konnte in diesem Jahr kein Nikolaus gefunden werden.
Trotzdem wurden einige Weckmänner an die erwartungsfrohen Kinder verteilt. Wie jedes Jahr endeten Konzert und Andacht mit "Stille Nacht, heilige Nacht", bevor die Glocken von 'Sankt Mariä Himmelfahrt' herüberhallten und sich alle Anwesenden frohe Weihnachten wünschten und beseelt den Heimweg antraten, um den Nachmittag vor dem Heiligen Abend zu begehen.
Staffelübergabe
Als der Begründer der alljährlich am 24. Dezember stattfindenden Gedenkveranstaltung für Johannes Höver, Landwirt und Heimatkundler Hans Günter Schmitz im Frühjahr 2010 verstarb, übernahm sein Bruder, Herbert Schmitz, die Organisation der Turmbläser-Veranstaltung. Tatkräftig unterstützt wurde er dabei von seinem Neffen und seinen beiden Nichten. Und jetzt, nach Corona, hat der 81-Jährige die Verantwortung vollständig an die Kinder von Hans Günter Schmitz und deren Familien übergeben.
Sohn Alfred Schmitz (*1965) griff beherzt zum Mikrophon, um die Aktion zu moderieren. Sein Schwager, Axel Friedrich, Kopf der Volksmusikgruppe 'Naafbachtaler Stubenhocker', hatte erstmalig für eine professionelle Tontechnik gesorgt. Alfreds Schwestern, Reinhild Friedrich und Marianne Widdershoven, sind seit Jahren ebenfalls im Einsatz und Teil der Turmbläser. Sie werden inzwischen von ihren eigenen Kindern unterstützt. So ist gesichert, dass auch in Zukunft dieser schöne Brauch und die Familientradition fortgeführt werden. Und schon jetzt deutet sich an, dass im nächsten Jahr auch wieder ein Nikolaus die Kinder begrüßen und beschenken wird. Also den Termin am besten schon jetzt vormerken: 24.12.2023, 11 bis 12 Uhr.
Historie
Johann Philipp Martin Höver, der spätere "Bruder Johannes", stammte aus der Altgemeinde Wahlscheid. Noch heute erinnert eine Gedenktafel an der Friedhofsseite der katholischen Kirche 'Sankt Mariä Himmelfahrt' in Neuhonrath an ihn. Er stammte aus dem Weiler Oberstehöhe, wurde dort am 10. November 1816 als Sohn eines Bauern geboren und wenige Tage später in der Neuhonrather Kirche getauft.
"Auf der Baach", wie der Ortsteil rund um den Kirchplatz seit Jahrhunderten bezeichnet wird, besuchte der spätere Geistliche als Junge die Schule und Kirche. Später war er in den Nachbargemeinden Hennef und Birk jeweils einige Jahre Lehrer, bevor er eine Stelle in Aachen antrat. Auf seinen beruflichen Stationen lernte Höver das Elend und die Not verwahrloster Jugendlicher kennen. Auch seine eigene Situation war oftmals von bitterer Armut und Elend geprägt.
Früh verwitwet, entschloss er sich dazu, sich für diese Bedürftigen zu engagieren und gründete Weihnachten 1867 (also vor 155 Jahren) mit drei weiteren Ordensbrüdern in Aachen die 'Gemeinschaft der Armen Brüder vom heiligen Franziskus Seraphikus' (lateinisch 'Congregatio Fratrum Pauperum Francisci seraphici'), die sich vor allem um männliche Arme, vor allem die Jungen, kümmerten und zudem Krankenpflege betrieben. 1863 folgte eine Filiale für verlassene Knaben in Köln. Von Schlaganfällen gezeichnet, gab "Bruder Johannes" im Jahr 1863 die Rolle als Ordensoberer auf und verstarb hochgeachtet am 18. Mai 1864 im Alter von nur 47 Jahren. Beerdigt wurde er im Kloster am Fuß des Lousbergs.
Diese historische Begebenheit war fast vergessen, als Landwirt und Heimatkundler Hans Günter Schmitz (1937-2010), selbst lebenslang im Hagen auf der Baach ansässig, dieses besondere geschichtliche Detail zum Anlass nahm und einen Gedenkstein auf Kirchenland am Kalvarienberg errichten ließ. Seine Baacher Kumpels, der Allrounder Heinrich Löffelsender betätigte sich als Steinmetz und der gelernte Kunstschmied Hans-Willi Kraus übernahm es, die Kupferplatten nach den Vorlagen einer künstlerisch begabten Nachbarin aus der Cäcilienstraße herzustellen. Auf einer Kupferplatte wurde das Abbild des Geistlichen mit einem Schutzbefohlenen graviert, auf einer zweiten Platte ein erklärender Text von Josef Klug aus dem Maarweg eingeschlagen. Die Zeilen enden mit den Worten "Die bergische Heimat ehrt ihren Sohn, Neuhonrath im September 1985." Als der Stein an Ort und Stelle aufgestellt und einzementiert war, wurde er von Pastor Günter Hoffmann (verstorben 2002) feierlich geweiht.
Selbst äußerst musikalisch und lebenslang aktiver Posaunen-Spieler im Blasorchester Neuhonrath, organisierte Hans Günter Schmitz im Jahr 1997 erstmals mit ein paar befreundeten Musikern das einstündige weihnachtliche Freiluftkonzert auf dem Kalvarienberg oberhalb der katholischen Kirche von Neuhonrath. Er rückte es in die alte Tradition der Turmbläser, die seit der Reformation vor allem in protestantischen Gegenden Choräle spielten, die Uhrzeit verkündeten oder auch die Brandwache übernahmen. Da Neuhonrath mit seinem Kirchenchor und dem Blasorchester musikalisch sehr aktiv ist, fiel die Idee des Turmblasens sehr schnell auf interessierte und aktive Mitstreiter sowie eine immer größere Zuhörerschaft. Im Vor-Corona-Jahr spazierten immerhin bis zu 300 Zuhörer zum Weihnachtskonzert auf den Kalvarienberg.
Die Neuhonrather Turmbläser-Aktion ist eine lebendige und wachsende Veranstaltung. Waren am Anfang nur ein paar Musiker und vereinzelte Zuschauer dabei, stieg von Jahr zu Jahr die Gästeschar und auch die Aktionen wurden immer umfangreicher : Konzert, geistliche Ansprache, Friedenslicht, geschmückter Baum, Feuerkörbe, Getränke, Weckmänner, Nikolaus. Was aus einer Privatinitiative entsprang, wird mehr und mehr zu einer festen Institution und Gemeindetradition "op de Baach". Es bleibt spannend, was sich die Gemeinschaft noch alles einfallen lässt. Passende Ideen sind immer willkommen.
Mit seinem leicht verwitterten Naturstein fügt sich das Denkmal für Johannes Philipp Martin Höver harmonisch in die Landschaft an der Wegstrecke ein, die der spätere Ordensgründer wohl viele Male von seinem Zuhause in Oberstehöhe hinunter zu Kirche und Schule sowie zurück gelaufen sein mag.