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Nur mäßig besucht waren zwei Veranstaltungen, mit denen die Stadtverwaltung über einen jüngst festgestellten erhöhten Bleigehalt im Boden von Neuhonrath informieren wollte. Am Freitag (20.09.) fanden - neben einer Handvoll Kommunal-Politiker und Verwaltungsmitarbeiter - nur 25 Interessierte in die Turnhalle der örtlichen Grundschule. Am Vorabend, so Bürgermeister Horst Krybus, seien es noch weniger gewesen, obwohl rund 500 Eltern von Grundschülern und Kindergarten-Kindern mittels Handzetteln eigens eingeladen wurden. So blieb die Bestuhlung für mehrere hundert Gäste weitgehend ungenutzt.
Der Bürgermeister betonte, man wolle größtmögliche Transparenz herstellen, um sich später nicht dem Vorwurf aussetzen zu müssen, Informationen zurückgehalten zu haben. Hintergrund ist, daß im Zuge der laufenden Baumaßnahmen zur Erweiterung der in Neuhonrath gelegenen Offenen Ganztags-Grundschule Wahlscheid der Bodenaushub auf Schadstoffe untersucht wurde. Nachdem darin ein erhöhter Bleigehalt festgestellt wurde, hatte man fachliche Hilfe eines Ingenieurbüros aus Bergisch Gladbach hinzugezogen.
Ziel war eine eingehende Untersuchung der Freiflächen auf dem Schulgelände gemäß Vorgaben der "Bundes-Bodenschutz und Altlasten-Verordnung". An jeweils zwei Stellen überprüft wurden nun die Fläche zwischen den Schulgebäuden, der Spielplatz zwischen dem Trakt der Offenen Ganztags-Grundschule und dem Kindergarten sowie der Schulgarten nahe des Bolzplatzes. Darüber hinaus wurde der Boden am angrenzenden Kindergarten 'Villa Regenbogen', am Spielplatz (Maarweg) und auf drei Privatgrundstücken in Honsbach (am westlichen Teil der Honsbacher Straße) und Neuhonrath (eingangs der Krebsaueler Straße sowie am südlichen Teil des Nußbaumwegs) untersucht.
Getestet wurde jeweils auf sechs Sorten von Schwermetall-Belastungen von Arsen über Blei und Cadmium bis Zink. Dabei wurden an allen Stellen erhöhte Bleiwerte festgestellt, die zumeist über den Grenzwerten für Kinderspielflächen (200 Milligramm pro Kilogramm), aber unter der für Wohnbauflächen (400 mg/kg) liegen. Eingangs der Krebsaueler Straße und im Schulgarten wurden in der obersten Bodenschicht (0-10 cm) auch die Prüfwerte für Wohngebiete überschritten, eingangs der Kresbsaueler Straße sogar in der tieferen Schicht (10-35 cm). Der Bleiwert sei im relevanten Bereich deutlich erhöht, ansonsten wurde nur im Falle von Quecksilber eine leichte Erhöhung registriert, die aber nicht gesundheitsbedenklich sei.
Die nun festgestellte Bleibelastung ist kein neues Phänomen, sondern geschichtlich bedingt. Nach aller Wahrscheinlichkeit rühren die Schwermetalle im Boden vom früheren Erzbergbau im Aggertal her. Die Stoffe wurden aus den Gruben und Halden ausgespült und haben sich über den Flußlauf, der in den vergangenen Jahrhunderten leicht variierte, verteilt. Insbesondere bei Hochwasser-Ereignissen dürften sich die Schwermetalle auch abseits der Agger im Boden abgesetzt haben.
Die höchsten Werte seien dort festzustellen, wo häufiger Überschwemmungen anzutreffen waren, etwa in Auenrandlagen mit stillstehendem Wasser. Ton- und Lehmschichten im Boden seien stärker mit Schadstoffen belastet als Sandflächen. Das Problem betreffe nicht nur Neuhonrath, sondern dürfte auch in benachbarten Tallagen bis Overath auftreten. Wahlscheid und weitere südliche Ortsteile wurden nicht explizit genannt, könnten aber aufgrund weiterer Erzgruben ebenfalls betroffen sein. Nach Troisdorf hin, so der Gutachter, nehme die Belastung ab.
Die Agger selbst sei übrigens weniger stark belastet, weil sie überwiegend ein Schotterbett vorweise. Auch deshalb gebe es derzeit keine neuerliche Gefährdung und auch keinen neuerlichen belasteten Sedimenteintrag bei Hochwasserlagen. Da das Flußbett in den vergangenen beiden Jahrhunderten lagestabil außerhalb der Ortschaften verlief, seien die Schadstoff-Belastungen durch Auen-Ablagerungen wahrscheinlich älter. "Wir reden also wirklich über alte Belastungen", so Dr. Norbert Feldwisch.
Im Falle der Grundschule soll nun der Boden der stärker belasteten oberen und mittleren Erdschicht bis auf eine Tiefe von 35 Zentimetern abgetragen und gegen unbelastetes Erdreich ausgetauscht werden. Dies soll im Bereich des Spielplatzes östlich der Schule in den bevorstehenden Herbstferien erfolgen, gleiches gilt für den Schulgarten rund um den derzeit entstehenden Erweiterungsbau im Westen der Schule. Der Bereich im Süden zwischen den Schulgebäuden soll in den Sommerferien 2020 folgen.
Für die Anwohner von Neuhonrath und Honsbach gibt es Empfehlungen. So sei der normale Aufenthalt im Garten "unschädlich". Auch die Gartenarbeit, bei der fast zwangsläufig Kontakt von den Händen mit dem Oberboden erfolgt, sei unproblematisch, da Blei nicht über die Haut aufgenommen werden kann. Gründliches Waschen der Hände vor dem Essen wird aber angeraten. Die orale Aufnahme von Erde sollte vermieden werden. Wenn Kinder im Garten spielen, werden daher eine dichte Bodenbedeckung durch eine Grasnarbe und bodenbedeckende Pflanzen in Beeten angeraten.
Auch der Anbau von Lebensmitteln im Garten sei möglich, wenn man einige Vorsichtsmaßnahmen befolgt. Zunächst sei auch dabei gründliches Waschen sinnvoll, um keinen Boden aufzunehmen. Zur Sicherheit könne auf den Anbau anreichender Pflanzen wie Salate, Spinat, Mangold, Möhren, Rettich und Schwarzwurzeln verzichtet werden. Ein niedrigeres Risiko stellten Kartoffeln, Kohlsorten, Radieschen, Rote Beete, Stangen- und Buschbohnen, Tomaten, Zucchini und Zwiebeln dar, so das Gutachten. Gegebenenfalls könne man mit Hochbeeten arbeiten, die mit unbelastetem Erdreich gefüllt sind. Zudem wäre Baumobst (Kernobst) völlig unproblematisch (Äpfel, Birnen, Quitten etc.).
Die Haltung und der Verzehr von Hühnern sei kein Problem, wenn man Herz und Leber nicht verspeisen würde. Bezüglich der Eier "dürfte es keine Probleme geben", hierzu wurde aber noch keine endgültige Festlegung getroffen. Milch und Käse von Kühe seien nicht problematisch, weil die Kuh "als Filter dazwischen" liege, deren Innereien würden ja nicht gegessen.
Grundsätzlich gelte, daß der Boden unbelastet sei, wenn der pH-Wert im neutralen oder leicht sauren Bereich liegt (pH-Wert über 6,5, besser über 7). Gartenbesitzer können den Wert testen oder testen lassen. Vorsicht sollte man walten lassen, wenn der Boden eine Rostfärbung aufweise. Eine solche deute auf eine intensivere Belastung durch Schwermetalle hin. (cs)