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Auf eine wechselvolle Geschichte kann das leerstehende Fachwerkhaus im kleinen Heide zurückblicken. Wegen der Namensgleichheit mit dem größeren Ortsteil im Südosten des Stadtgebiets wird er heute nach der einzigen Straßenbezeichnung unter dem Namen Aiselsfeld geführt. Aus dem Jahre 1890 stammt das halbverfallene Gebäude, das nach seinen zwischenzeitlichen Besitzern "Fischerhof" genannt wird. Jene Familie hatte das Haus spätestens ab 1930 bis in die 70er-Jahre bewohnt. Die frühere Hofanlage umfaßte zudem eine etwa doppelt so große Scheune, an die nur noch eine nachträglich ergänzte Brandmauer erinnert.
Dieser landwirtschaftlich genutzte Bau wurde in den 80er-Jahren abgerissen - ein Schicksal, das viele Gebäude im Naafbachtal und an dessen Flanken ereilte, nachdem der 'Aggerverband' sie aufgekauft hatte, um das Tal nach der Errichtung eines Staudamms bei Kreuznaaf zu fluten. Zum Bau der Talsperre kam es nie, weil der prognostizierte hohe Wasserverbrauch der Bevölkerung nicht eintraf. Statt einer berechneten Steigerung des Pro-Kopf-Verbrauchs auf 220 Liter am Tag gab es eine gegenläufige Entwicklung auf heute 134 Liter. Gewachsenes Umweltbewußtsein und sicher auch der gestiegene Wasserpreis sorgten für den Rückgang.
Auch Proteste der Anwohner - vor gut 40 Jahren wurde die 'Bürgerinitiative zum Erhalt des Naafbachtals' gegründet - und die Ausweisung des Tals als europäisches Fauna-Flora-Habitat ('FFH'-Gebiet) durch die ehemalige grüne NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn hatten maßgeblichen Anteil an der Rettung des Naturraums. Eine Protestaktion war es auch, die den "Fischerhof" vor dem Abriß bewahrte. Als der Bagger bereits auf dem Grundstück arbeitete, stellten sich die noch heute in der Initiative wie in der Politik aktiven Brigitte Bäcker-Gerdes und Irmhild Schaffrin sowie der damalige Bürgermeister Rolf Lindenberg der Maschine entgegen. Die Arbeiten wurden gestoppt, das Haus später seitens der Stadt in die Denkmalliste aufgenommen.
Nun ist ein weiterer Schritt erfolgt, der belegt, daß das Talsperrenprojekt faktisch nur noch auf dem Papier besteht. Daß die Anlage des Stausees noch immer im aktuellen Landesentwicklungsplan verzeichnet ist, hat praktisch nur noch finanzielle Gründe. Und so verwundert es auch nicht, daß - vor Jahrzehnten undenkbar - selbst der Vorstand des 'Aggerverband', Prof. Dr. Lothar Scheuer, in Heide / Aiselsfeld zugegen war, als die Weichen gestellt wurden, den ursprünglich zum Abriß bestimmten, derzeit wenig ansehnlichen "Fischerhof" zu sanieren und zur "natur- und heimatkundlichen Informationsstätte" auszubauen.
Zu einer Anlaufstelle für Naturfreunde und Wanderer soll das Haus werden, am Wochenende sogar eine Außengastromie erhalten, so die Pläne der 'Bürgerinitiative zum Erhalt des Naafbachtals', die das Projekt zur Rettung des Baudenkmals initiiert hat. Ingenieur Frank Miebach, bekannt durch seine Brückenneubauten im Aggertal, hat die Federführung übernommen. Mitte 2013 habe man das Projekt in Angriff genommen, das Haus vor dem Verfall zu retten. Das Gebäude sei es wert, es instandzusetzen, damit die landschaftsübliche Fachwerkbauweise des Bergischen Landes für die Nachwelt zu erhalten.
Nun steht auch die Finanzierung des Vorhabens weitestgehend. Die 1986 gegründete 'NRW-Stiftung', die sich der Natur- sowie der Heimat- und Kulturpflege verschrieben hat, stemmt den Großteil der Sanierungskosten. Zur Übergabe des Förderbescheids in Höhe von 242.400 Euro - 80 Prozent der Gesamtsumme - war Stiftungsvorstand Dr. Volkhard Wille gekommen. Im Beisein von Bürgermeister Horst Krybus, Landrat Sebastian Schuster, dem Parlamentarischen Staatssekretär Horst Becker und Vertretern der Bürgerinitiative nahm Frank Miebach das Papier am Dienstag (03.01.) vor dem "Fischerhof" entgegen. Weitere 20.000 Euro steuert die Stadt zu dem Projekt bei, einen Teil will die Bürgerinitiative in Form von handwerklichen Eigenleistungen einbringen. Es werden aber auch noch Spenden erbeten (Kontaktdaten siehe www.naafbachtal.org ).
Wer das seit einem kurzen Intermezzo als Flüchtlingsunterkunft in den 90er-Jahren leerstehende Fachwerkhaus betrachtet, kann leicht erkennen, wieviel Arbeit nötig ist, um das Gebäude als Vereinsunterkunft und Informationsstätte herzurichten. Selbst Teile des Eichenfachwerks müssen ersetzt werden. Hierfür hat man sich beim Abriß der Gaststätte "Altes Haus" in Donrath und eines weiteren Fachwerkhauses in Heide alte Balken gesichert. Und wer später einmal auf der Terrasse des "Fischerhofs" mit seiner prächtigen Aussicht über das Naafbachtal sitzt, kann darüber sinnieren, daß die Ortschaft Heide / Aiselsfeld mit ihren schönen Fachwerkbauten im Falle des Talsperrenbaus nicht mehr existent, sondern an zwei Seiten vom Wasser umspült wäre. Ingersauel und Naaf hätte es noch schlimmer getroffen, sie lägen weit unter dem Wasserspiegel. (cs)