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Mit Ausnahme der schon seit vielen Jahren bestehenden Siedlung zur Unterbringung von Asylbewerbern am Dammweg im Süden Lohmars ist die Stadtverwaltung bemüht, die Flüchtlinge und Zuwanderer der vergangenen (und kommenden) Monate dezentral im Stadtgebiet zu verteilen. So wurden zahlreiche Häuser in fast ebensovielen Ortschaften angekauft oder gemietet. Von den derzeit rund 500 Zuwanderern leben 285 in Lohmar-Ort, die übrigen in zumeist kleineren Einheiten in anderen Ortschaften. Größere Objekte sind die Alte Schule in Ellhausen, das Jugendzentrum in Lohmar, das vormalige Hotel "Donrather Hof" in Donrath und das ehemalige "China-Haus" in Lohmar-Nord. Zur Zahl von 500 hinzu kommen die 120 Plätze der derzeit nur zur Hälfte belegten Notunterkunft des Landes im 'Forum Wahlscheid'.
Aktuell wurden neben dem halben Dutzend fester Häuser am Dammweg ein zweites Mal Container zur Erhöhung der dortigen Kapazität aufgestellt. Dem Anschein nach wurden die Wohncontainer von einem Hersteller aus dem Osten der Tschechischen Republik angeliefert. Eine weitere Containeranlage für maximal 60 Personen entsteht seit Herbst auf einem städtischen Grundstück gegenüber der Sportanlagen am Rande von Birk. Die - soweit bekannt - gebraucht erworbenen Wohnmodule stehen nach einer witterungsbedingten Unterbrechung kurz vor der Bezugsfertigkeit.
Bei allen von der Stadt durchgeführten Informations-Veranstaltungen - wie etwa in Donrath, Wahlscheid und Birk - gab es vereinzelte kritische Töne seitens der Bürger. Zahlreich wurde aber auch Verständnis für das Handeln der Stadt geäußert und nach Möglichkeiten gefragt, wie man sich in die Betreuung der Flüchtlinge einbringen könne, etwa bei Sprachkursen. Schon seit fast einem Jahr besteht die Initiative "Willkommenskultur für Flüchtlinge in Lohmar", über deren Aktivitäten die Internet-Seite www.willkommenskultur-lohmar.de informiert. In Birk wurde gar die Befürchtung geäußert, daß der Standort deswegen ungünstig sei, weil Personen, die im Sportlerheim gefeiert hätten, in alkoholisiertem Zustand an der Containeranlage vorbeigehen würden. Man sorgte sich um deren zukünftige Bewohner.
Die Stadtverwaltung sucht weiterhin nach Wohnraum für Zuwanderer, die übrigens von ihrem Status her nach sechs Kategorien unterschieden werden. Es handelt sich um Asylsuchende, Asylbewerber, Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlings-Konvention, Kontingent-Flüchtlinge, Asylberechtigte oder Geduldete. Im Zusammenhang mit der Suche seien inzwischen mehr als 100 Objekte bezüglich ihrer Eignung in Augenschein genommen worden. In der Sitzung des Stadtentwicklungs-Ausschusses Ende Januar bat Karl-Wilhelm Schafhaus (CDU) um Informationen über angeblich konkrete Bebauungs-Überlegungen für "Krahwinkel-Nordwest", die Bürgermeister Horst Krybus nachfolgend erteilte.
Demnach sei man auf der Suche nach geeigneten Baugrundstücken für den Wohnungsbau wie auch für die (temporäre) Unterbringung von Flüchtlingen. Dabei stehe städtisches Eigentum an erster Stelle. Ein solches befände sich im Nordwesten von Krahwinkel, wo eine große städtische Ackerfläche an den Ortsteil angrenze. Konkrete Planungs-Überlegungen gebe es derzeit aber nicht. Eine kurzfristige Lösung zur Unterbringung von Flüchtlingen sei dort möglich. Dagegen würden mittel- oder langfristige Lösungen eines Bauleitplanverfahrens bedürfen.
Nun sind Bürger vom Breidter Rücken, darunter aus Krahwinkel und Breidt, aktiv geworden, weil sie offenbar Bedenken bezüglich der möglichen Unterbringung von Flüchtlingen in ihren Ortschaften haben. Auf einem Handzettel, der vor Ort verteilt wurde, wird angeführt, daß die Stadt gerüchteweise in großem Umfang Asylbewerber-Unterkünfte in oder bei Krahwinkel, Breidt, Deesem und Geber plane. Mit der Bemerkung "Es geht um unser aller Zukunft" wurde zum Besuch der Ratssitzung am 1. März aufgerufen, um während der zur Sitzung gehörenden Einwohner-Fragestunde Anworten zu erhalten und "den Interessen der Bewohner des Breidter Rückens Nachdruck zu verleihen".
Zu besagter Ratssitzung waren rund 100 Bürger/innen als Besucher erschienen - bei weitem kein Rekord, aber doch ungewöhnlich für eine politische Sitzung. Während der Einwohner-Fragestunde zu Beginn der Sitzung wurden die Gerüchte thematisiert. Bewohner/innen des Breidter Rückens berichteten, daß die Gerüchteküche seit Wochen immens hochkoche. Demnach sollten auf dem angeblich 30.000 Quadratmeter großen Grundstück wie gerüchteweise auch in Breidt und Deesem 60 Personen pro Ortsteil untergebracht werden. Dies würde eine Ghetto-Situation in den Ortsteilen schaffen, eine Zahl, bei der man Flüchtlinge nicht mehr integrieren könne. Auch die Infrastruktur, darunter der Öffentliche Personen-Nahverkehr, Kindergärten und Schulen würden fehlen, Krahwinkel hätte von alledem nichts. Es gäbe nicht einmal einen Gemeinschaftsraum wie in anderen Ortschaften.
Bürgermeister Horst Krybus berichtete daraufhin, daß die Stadt auf der Suche nach Grundstücken und Wohnraum sei. Auch ohne die Flüchtlinge bestünde ein enormer Wohnraumbedarf für junge Familien. Er bestätigte, daß es bei Krahwinkel ein städtisches Grundstück gebe und daß es eine Option sei, dort Flüchtlinge unterzubringen. Dort sei eine kurzfristige Lösung zur Unterbringung möglich, bislang hätten solche jeweils 50 bis 60 Personen umfaßt. Es gebe jedoch keine konkreten Pläne für Krahwinkel, sondern nur eine Bleistiftzeichnung. Breidt stünde derzeit gar nicht auf der Agenda.
Seitens der Bürger wurde angefügt, daß es in Lohmar-Ort möglich wäre, weitere Flüchtlinge unterzubringen, teils seien Stellen nicht voll belegt, außerdem habe ein Industrie-Unternehmen sein Messelager gekündigt. Zusammen mit einem benachbarten leerstehenden Betrieb wären dies 1.000 Quadratmeter verfügbare Fläche. Beigeordneter Peter Madel berichtete, dort im Gespräch zu sein, eine reine Lagerhalle sei aber nicht optimal geeignet. Zudem müsse man für den Notfall Wohnraum vorhalten. Auch wenn es seit sechs Wochen keine Zuweisungen von Flüchtlingen nach Lohmar mehr gegeben habe, so wären es im vergangenen Jahr maximal 42 in einer Woche gewesen, obwohl nur 15 angekündigt waren.
Bürgermeister Horst Krybus betonte, daß man eine gute Verteilung vorsehe und keine Ghetto-Bildung wolle. Im Ortsteil Heide, wo eine Doppelhaushälfte angekauft worden war, hätte es erst große Bedenken aus der Nachbarschaft gegeben, heute spreche keiner mehr darüber. Sobald bezüglich Krahwinkel irgendetwas spruchreif werde, komme er - wie im Falle der früheren Objekte in anderen Ortsteilen - zwecks einer Bürgerinformation nach Krahwinkel. Auf die Frage, ob eventuell auch Festbauten geplant seien, sagte er, daß für solche ein Bauleitverfahren notwendig wäre, eine kurzfristige Unterbringung sei nur bei provisorischen Bauten möglich.
Horst Becker (Bündnis 90 / Die Grünen) gab bezüglich der Hinweise auf die Gewerbehallen zu bedenken, wie eine Integration bei der Unterbringung in einem solchen Objekt möglich sein solle. Man wolle menschenwürdige Unterkünfte schaffen. Auf die Bitte der Bürger, bei der Entscheidung über die Unterbringung in den Ortsteilen mitwirken zu wollen, forderte er dazu auf, eine Zahl zu nennen, wie viele Menschen die Anwohner für verträglich hielten, "sonst sind das vorgeschobene Gründe und Sie wollen gar keine". Eine Antwort blieb diesbezüglich aus. Sein Parteifreund Charlie Göllner regte an, sich beim runden Tisch einzubringen, dort könne jeder mitmachen. Zum Abschluß der Fragestunde regte eine Bürgerin eine bessere Informations-Politik der Verwaltung an.
Im Anschluß äußerten sich die Fraktionen zum Thema. Uwe Grote (SPD) betonte, daß es sich bei den Flüchtlingen um Menschen in Not handele, denen ein menschenwürdiges Dasein in Lohmar ermöglicht werden solle, was bislang gelungen sei. Er rief dazu auf, sich in der Flüchtlingshilfe zu engagieren und dankte den Ehrenamtlern. Noch während seines Statements verließen viele der Besucher, teils mit leisen Bemerkungen, den Saal. Eberhard Temme (CDU) erinnerte daran, daß die Stadt die Unterbringung der Zugewiesenen von Rechts wegen leisten müsse : "Wir können uns nicht viel aussuchen, was wir machen möchten." Es würden massiv Unterkünfte gesucht, die Vorbereitungen würden sich über Monate erstrecken. Es liefe nicht alles reibungslos, "aber es läuft gut".
Horst Becker (Bündnis 90 / Die Grünen) führte an, daß an vielen Teilen des Stadtgebiets anders geplant werden müsse als noch vor einem Jahr gedacht. Voraussichtlich ab April müßten wieder neuzugewiesene Flüchtlinge untergebracht werden. Man wolle niemanden ärgern oder mit überzogenen Belastungen konfrontieren. Man werde aber "nicht zulassen, daß die, die am lautesten schreien", am Ende keine Flüchtlinge erhalten, dies würde nicht passieren. Benno Reich (UWG) schloß sich den Vorrednern an und erinnerte daran, daß die Stadt sehr viel Geld in die Hand genommen habe, um das ehemalige Hotel und das China-Restaurant zu kaufen.
Bürgermeister Horst Krybus beteuerte, größtmögliche Transparenz herzustellen : "Sobald es konkrete Pläne gibt, werden wir bei Ihnen da oben aufschlagen."
Am Rande der Ratssitzung wurde bekannt, daß die Stadtverwaltung bereits am 12. Februar ein anonymes Schreiben erhielt, daß sich namentlich auf Krahwinkel / Breidt und ganz offensichtlich auf Flüchtlinge und Zuwanderer bezieht. Diese werden darin pauschal in fremdenfeindlicher Manier mit Verbrechern, Vergewaltigern und Terroristen gleichsetzt. Zu deren Begrüßung wird sogar "ein großes Feuerwerk" angekündigt. Mittlerweile ermittelt der Staatsschutz der Polizei in dieser Sache. (cs)