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Mit Stand von Anfang dieser Woche leben momentan 426 Flüchtlinge und Asylbewerber im Lohmarer Stadtgebiet. Sie werden von rund 90 ehrenamtlichen Helfern betreut, 30 davon kümmern sich um die Sprachförderung. Für die derzeit zunehmenden sogenannten Regelzuweisungen werden mittlerweile mehr als 15 Unterkünfte von der Stadt vorgehalten. In vielen Fällen wurden zu diesem Zweck Häuser angekauft, wie zuletzt das ehemalige China-Restaurant in Lohmar und der 'Donrather Hof' in Donrath (wir berichteten). Die Häuser sind dezentral über das gesamte Stadtgebiet verteilt, weitere Häuser zum Ankauf werden gesucht.
Nun aber bestehe eine neue Situation, stehe man vor einer neuen Herausforderung, so die Stadtverwaltung. Einer Bitte der Bezirksregierung folgend, mußte erstmals eine Erstaufnahme-Einrichtung für die kurzfristige Notaufnahme von Flüchtlingen geschaffen werden. 70 Plätze pro Kommune waren gefordert, sogar 120 konnten seitens der Stadt angeboten worden. Betrieben werden soll die Einrichtung vom Regionalverband Bonn / Rhein-Sieg / Euskirchen der 'Johanniter', die bereits Erfahrung in dieser Rolle mitbringen. Knapp 25 hauptamtliche Kräfte habe man zur Unterstützung eingestellt.
Wie bereits berichtet, wurde das 'Forum Wahlscheid' für den Zweck der Unterbringung ausgewählt. Dies, so war bei einer Informations-Veranstaltung für die Wahlscheider Bürger am Dienstagabend (27.10.) zu erfahren, geschah aus praktischen Überlegungen. Die 'Jabachhalle' in Lohmar wird in viel größerem Maße für den Schulsport benötigt. Auch die unmittelbare Nähe zum dortigen Schulzentrum habe eine Rolle gespielt. Die Sporthalle in Birk war ebenso in Betracht gezogen worden. Dann aber hätte auch das angrenzende Bürgerzentrum gesperrt werden müssen, weil nicht nur eine Halle, sondern auch Nebenräume benötigt werden.
Die Abwägung habe dazu geführt, daß die Voraussetzungen und die Aufteilung der Halle in Wahlscheid günstiger gewesen seien. Der Schulsport hier sei geregelt, man kann teils in die Halle des 'Turnverein Wahlscheid' an der Diemstraße ausweichen. Einschränkungen erleidet jedoch der Vereinssport. Lohmarer Vereine würden zusammenrücken, um zum Ausgleich Trainingszeiten in den Lohmarer Hallen zur Verfügung zu stellen. Etwaige Veranstaltungen in der Halle müßten dagegen ausfallen oder verlegt werden. Dies betrifft offenbar auch einen ursprünglich für Anfang November angesetzten Blutspende-Termin des 'DRK', der nächste ist nun für Februar 2016 geplant. Das Herbstkonzert des 'Blasorchester Neuhonrath' findet am 21. November im Bürgerhaus in Birk statt.
Die jährlich vom 'Verkehrs- und Verschönerungsverein Wahlscheid / Aggertal' veranstaltete Advents-Seniorenfeier könne aber wie geplant am 5. Dezember im 'Forum Wahlscheid' stattfinden. "Wir machen das dort", sagte Ralf Marquardt von den die Halle betreuenden 'Johannitern', "gewisse Strukturen und Abläufe sollen bleiben", auch der Kontakt zu den Flüchtlingen könne hergestellt werden. Rund 300 Senioren werden üblicherweise zu dem Treffen erwartet, "da schaffen wir Platz für", lud Marquadt ein. Auch Gerüchte, die Bücherei oder das Jugendzentrum - beide im Erdgeschoß der Halle untergebracht - würden geschlossen, wurden zerstreut. Beide blieben geöffnet - und könnten bei Bedarf auch von den Flüchtlingen genutzt werden.
Die Nutzung des 'Forums' für die Unterbringung der Flüchtlinge beschränkt sich auf das Foyer und das Untergeschoß. Die Garderobe mit ihren Theken wird als Registrierungs-Stelle bei der Aufnahme genutzt. In der Halle selbst wurden sieben kleinere Abschnitte mit Bauzäunen und Tüchern abgeteilt. In diesen wurden jeweils bis zu 12 Etagenbetten aufgestellt, die maximal 24 Menschen einen Schlafplatz bieten. Nicht alle sollen voll belegt werden, die Kapazität ist zunächst auf 120 Personen beschränkt.
Ein Drittel der Halle wurde zur Aufstellung von 20 Biertisch-Garnituren genutzt. Hier können die Flüchtlinge sich tagsüber aufhalten und ihre Mahlzeiten einnehmen. Drei Essensausgaben täglich sind geplant, organisiert von einem ortsansässigen Catering-Betrieb. Zwei Stunden lang könne das Frühstück eingenommen werden, 1,5 Stunden lang ein Mittagessen, dazu kommt ein Abendessen. An der Stirnwand der Halle befindet sich die Ausgabe, in Nebenräumen die Küche.
In den ursprünglich als Geräteräumen genutzten Abteilen wurden eine liebevoll eingerichtete Spielecke für Kinder, ein Wickelraum, eine von der Flüchtlingsinitiative betriebene Kleiderkammer, eine Ausgabe für Bedarfs-Gegenstände und ein Lager eingerichtet. In einem der Räume wurden zwei Steilwandzelte aufgestellt, die - mit Teppichen ausgelegt - als Gebetsräume dienen sollen. Der Umkleide-, Dusch- und Toilettenbereich der Sporthalle fungiert ohne jegliche Umbauten als solcher. 32 Toiletten stünden somit für die Menschen zur Verfügung. Im rückwärtigen Außenbereich der Halle wurde ein Container mit Waschmaschinen und Trocknern aufgestellt, damit die Flüchtlinge ihre Kleidung reinigen können.
Ein wichtiger Bereich ist auch die ärztliche Versorgung. Sie wird von den nicht nur von anderen Unterkünften erfahrenen 'Johannitern' selbst übernommen. Zu diesem Zweck wurde eine Arztpraxis in Nebenräumen der Halle eingerichtet, so daß die medizinische Betreuung - mit Ausnahme spezieller Untersuchungs-Methoden wie Röntgen - direkt vor Ort erfolgen kann. Bei der Erstaufnahme der Flüchtlinge werden sie von vier bis fünf Ärzten unterstützt. Ein Mediziner-Team Lohmarer Ärzte wird auch in der Folge abwechselnd zur Verfügung stehen. Bedenken aus der Bürgerschaft, die reguläre ärztliche Versorgung in Lohmar würde darunter leiden, wurden dementiert. Niemand müsse dadurch länger auf einen Termin warten, hieß es.
Ein Sicherheitsdienst von vier Personen sei rund um die Uhr vor Ort, welche auch als Ansprechpartner für die Flüchtlinge dienen. Sie seien in der Deeskalation geschult, sollte es einmal zu Spannungen zwischen den Menschen kommen. Lothar Kloß von der Kreispolizei betonte aber, man müsse sich keine Gedanken um die Sicherheit machen. Im Umfeld der Unterkünfte im Kreisgebiet gebe es keine Steigerung der Kriminalität. Die Polizei werde ihre Präsenz vor Ort zudem erhöhen. "Man muß keine Sorgen vor den Menschen haben, die Menschen haben selbst Sorgen", hieß es.
Da es sich um eine Notaufnahme-Einrichtung für Flüchtlinge handelt, wären weder Kindergärten noch Schulen gefordert, Kinder aufzunehmen. Deutsch-Unterricht könne vor Ort angeboten werden. Bis zu ihrer Weiterverteilung oder auch Rückführung würden die Flüchtlinge ohnehin nur zwischen zwei Wochen und drei Monaten in Wahlscheid verweilen. Dafür werden unregelmäßig Neuzugänge aufgenommen. Inzwischen würden auch nicht mehr - wie zu Beginn der Flüchtlingswelle - verstärkt alleinreisende Männer erwartet, viele Familien mit Kindern seien auf der Flucht. Zeitlich müsse man sich derzeit auf eine Belegung der Halle von sechs Monaten einstellen.
Die Frage nach den Grenzen der Flüchtlings-Aufnahme beantwortete Bürgermeister Horst Krybus wie folgt : "Grenzen gibt es sicherlich, ich weiß nicht, wann wir diese erreichen." Die derzeit zugeteilten 426 Personen (ohne die bis zu 120 in der Notunterkunft) würden 1,5 Prozent der Bevölkerung entsprechen. "Wir können auch weitere verkraften. Was mir Sorge macht, ist die Geschwindigkeit", so Horst Krybus. Derzeit würden kurz- und mittelfristige Lösungen ergriffen, langfristig sei mehrgeschossiger Wohnungsbau gefragt. Inzwischen wird auch die temporäre Aufstellung bereits bestellter Wohncontainer geplant, Aufstellorte werden geprüft. Neben dem Dammweg in Lohmar sind unter anderem der Bolzplatz an der Donrather Straße in Donrath und der Parkplatz Ecke Bartholomäustraße / Diemstraße in Wahlscheid im Gespräch, aber noch nicht sicher. (cs)